Warum 17?

Und warum gerade jetzt?

Zugegeben, wir leben in einer sehr verwirrenden Zeit.

Binär ist schlecht – denn eine Reduzierung des Menschen auf zwei Pole diskriminiert gleichsam all jene Menschen, welche sich nicht in dieses Raster pressen lassen (möchten). Daher schmücken wir uns mit radikaler Akzeptanz von queeren Menschen. Was früher binär war, muss heute analog sein. Facettenreich.

Gleichzeitig jedoch wird unser Denken immer binärer. Es scheint zunehmend Themen zu geben, deren Hinterfragen ausgrenzend wirkt. Queres Denken ist verpönt. Es scheint fast, als wäre das Erörtern gesetzter Meinungen gleichbedeutend mit einer Radikalisierung.

Ist denn binäres Denken gewünscht? Gibt es keinen Schatten – nur Licht und Dunkel? Es gibt zunehmend polarisierende Themen, bei welchen das Narrativ pauschal in Kategorien wie „richtig“ und „falsch“ einsortiert. Gendern, Klima, Pharmaindustrie und Krieg scheinen derartige Themen zu sein. Doch jedes Thema hat unendlich viele Facetten, welche durchaus hinterfragt werden dürfen. Die Ergründung solcher Fragen kostet einen enormen Anteil wertvoller Lebenszeit.

Ist es uns das wert? Aus meiner Sicht hängt dies davon ab, ob diese Themen wirklich einen direkten Einfluss auf uns haben. Haben sie das nicht, sollten wir es uns erlauben, auch einmal keine Meinung zu haben. >>Ich weiß, dass ich nichts weiß<< hatte neben Sokrates sogar Cicero im Jahr 45 v.Chr. bereits gesagt. Heute sollten wir vielleicht sagen: Ich weiß was mir gesagt wird, doch ich weiß auch, dass dies nicht alles ist.

Manchmal jedoch … manchmal werden gänzlich alle Fakten herausgefiltert und allein deren Interpretation in Form einer fertig generierten Meinung erreicht uns. Dies nenne ich dann: betreutes Denken. Bei all der Informationsflut wissen wir eigentlich zunehmend weniger. Meinungen werden konsumiert. Alles ist Entertainment. Eine hässliche Nebenwirkung der Digitalisierung.

Kein Problem ist einfach, kein Konflikt ist einseitig – und doch tun manche Menschen so, als wüssten sie alles und könnten urteilen, was gut oder böse ist. Dabei ist jede Meinung nur ein Kompromiss auf Grundlage jener Fakten, welche durch den unsichtbaren Filter bis zu uns durchgedrungen sind.

Diesen eingeschlagenen Weg halte ich nicht nur für naiv, ich halte ihn auch für gefährlich. Wir sollten uns wieder erlauben die Dinge zu hinterfragen. Wir sollten wieder akzeptieren, dass wir eigentlich nichts wissen und das Meinungen allein aus Erfahrungen wachsen sollten.

Und wie könnten wir dies besser üben als mit Verschwörungstheorien? Jede Theorie hat eine Ursache. Eine nicht geklärte Frage oder Beobachtung. Hinter vielen Theorien stecken mehr wahre Erfahrungen, als man zuerst vermuten möchte.

… Vielleicht verarbeite ich in meinen Büchern Dinge, welche ich selbst erlebt habe. Vielleicht fühlen sich manche Menschen durch sie verstanden. Vielleicht spreche ich Dinge an, welche sie selbst niemals sagen dürften. Vielleicht fühlen sich andere Menschen ertappt und aus ihrem Nebel gezogen. Vielleicht ist das alles aber auch nur Blödsinn und entspringt allein meiner Fantasie …

Wer weiß …

Ich kann mir nur wünschen, dass ihr selbst die Dinge ergründet, welche euch bewegen. Findet die Grenzen eures Verstandes, reizt sie aus und erweitert euren Horizont, bevor er eingesperrt in einem Keller haust (oder in Platons Höhle?). Vielleicht findet ihr dabei auch ein paar ungeklärte Fragen…

Ich empfinde die Aufregung um meine Arbeit als Satiriker als extrem bedrohlich, weil ich denke, dass die Unfähigkeit des Hinnehmens vom Standard abweichender Meinungen ein bedrohliches Ausmaß erreicht hat.

Dieter Nuhr